Fußball-WM als Imagepolitur? Die Katar PAYOFF-Studie
Die Fußball-WM in Katar war eines der umstrittensten Großsportereignisse. Dabei hatte sich der Golfstaat von seiner Gastgeberrolle einen Imagegewinn erhofft. Wie hat das Turnier den Blick des Auslands auf das autoritäre Regime in Katar verändert? Dazu befragte ein Forscherteam des WZB, der Freien Universität Berlin und der Universität Konstanz 16.000 Menschen in acht europäischen Ländern – vor und während des Turniers. Eine dritte Befragung folgt im Frühjahr 2023. Über die Ergebnisse informieren wir fortlaufend auf der WZB-Website.
Die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft wurde in diesem Jahr in einem Land ausgetragen, das als eines der autokratischsten Regime der Welt gilt. Mit der Organisation eines Mega-Sportevents folgte Katar einem international zu beobachtenden Trend: Autoritäre Regime nutzen zunehmend große internationale Sportveranstaltungen, um ihr Ansehen im Ausland zu verbessern und von Menschenrechtsverletzungen abzulenken.
Doch gelingt diese Imagekampagne überhaupt? Es ist keineswegs ausgemacht, dass sich die Ausrichtung eines großen Sportereignisses positiv auf die gastgebende Autokratie auswirkt und das amtierende Regime legitimiert. Während Katar mit dem Turnier die eigene Sichtbarkeit erhöhen und Tourismus und ausländische Investitionen fördern wollte, beklagten kritische Stimmen die Kluft zwischen propagiertem Image und den tatsächlichen Praktiken des Regimes. Denn Katar wird international für die Ausbeutung von Wanderarbeitern, die anhaltende Diskriminierung von Frauen und LGBTQ-Personen und die zunehmende Einschränkung der Redefreiheit kritisiert. Auch wurde die Vergabe des Turniers von Korruptionsvorwürfen begleitet und somit zu einem umstrittenen Objekt der Regimelegitimation.
Während die wirtschaftlichen und innenpolitischen Auswirkungen großer Sportereignisse in der Forschung bereits untersucht wurden, sind die Auswirkungen auf die Reputation autoritärer Regierungen im Ausland bislang kaum Gegenstand der Forschung. Hier setzt das Katar PAYOFF-Projekt an.
Die Studie untersucht, ob sich die Ausrichtung der FIFA Fußballweltmeisterschaft 2022 für ein autoritäres Regime wie Katar ausgezahlt hat. Ist es gelungen, das Ansehen Katars im Ausland tatsächlich zu verbessern? Funktionierte der manipulative Versuch, Anerkennung auch in den (eher) liberalen Gesellschaften Europas zu erreichen? Oder bewirken die Bemühungen genau das Gegenteil?
Die Forschenden fragen unter anderem:
- Wer verfolgte eigentlich die Fußballweltmeisterschaft und ist somit ein potenzielles Ziel der „Schönfärberei“?
- Wie wirkt sich die Ausrichtung des Turniers auf die Einstellungen der Menschen gegenüber Katar aus?
- Verändern positive und negative Informationen über die Situation in Katar im Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft tatsächlich die Einstellung der Befragten?
- Unterscheiden sich die Einstellungen abhängig von der Sympathie für das Gastgeberland, der Akzeptanz wirtschaftlicher Zusammenarbeit oder der demokratischen Qualität des Gastgeberlandes?
Umfragen in acht europäischen Ländern – vor, während und nach der WM
Seit November gibt es Meinungsumfragen in acht europäischen Ländern: Kroatien, Deutschland, Ungarn, Italien, Polen, Rumänien, Schweden und Vereinigtes Königreich. Das Studiendesign sieht vor, dieselben Menschen vor, während und nach der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft in Katar zu befragen. Auf diese Weise können Veränderungen in der öffentlichen Meinung über Katar im Laufe der Zeit nachvollzogen werden.
In der ersten Welle wurden in jedem Land etwa 1.800 Personen befragt. Die zweite Befragung fand während des Turniers statt, die dritte Befragungswelle wird im Frühjahr 2023 folgen.