Ungleich mobil
Migrant*innen benötigen im Durchschnitt über 10 % mehr Zeit für ihre Alltagswege mit gleicher Distanz als Menschen ohne Migrationshintergrund in deutschen Städten. Dieser Nachteil resultiert aus mehreren Faktoren: geringere Autonutzung, das Leben in benachteiligten Stadtvierteln, sowie das Eingehen von Mobilitäts-Kompromissen, um sich vor als unsicher wahrgenommenen Situationen zu schützen. Das zeigt eine neue WZB-Studie von Sarah George, Katja Salomo und Theresa Pfaff. Ihre Ergebnisse basieren auf der Erhebung „Mobilität in Deutschland 2017“ und auf qualitativen Interviews.
Die Studienergebnisse zeigen, dass Migrant*innen der ersten und zweiten Generation im Durchschnitt 10 % mehr Zeit für Arbeitswege, 11 % mehr für Besorgungen und 10 % mehr für pflegebedingte Fahrten benötigen als Menschen ohne Migrationshintergrund für die gleichen Entfernungen. Diese Diskrepanzen sind zum Teil darauf zurückzuführen, dass Menschen mit Migrationshintergrund weniger Autos besitzen und nutzen, was oft zu einem höheren Zeitaufwand führt.
Auch die Wohnsegregation liefert einen Teil der Erklärung. Die ungleiche Verteilung von Menschen mit Migrationshintergrund in deutschen Städten hat in den letzten Jahrzehnten erheblich zugenommen. Sie wohnen häufiger in Nachbarschaften, die einen schlechteren Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln und lokalen Dienstleistungen bieten und in denen die allgemeine Wohnqualität geringer ist.
Doch diese Faktoren erklären den höheren Zeitaufwand nicht vollständig. Aus den qualitativen Interviews geht hervor, dass zudem Sicherheitsbedenken bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel die tägliche Mobilität von Zuwanderern negativ beeinflussen. Viele der Befragten versuchten, bestimmte Orte zu meiden, entweder generell oder zu bestimmten Zeiten, was letztlich die Reisezeit verlängert. Darüber hinaus nehmen Migrant*innen öffentliche Busse als unzuverlässig und ineffizient wahr. Diese Unzuverlässigkeit ist eine zusätzliche Quelle von Stress und Ängsten, insbesondere für diejenigen, die sich kein eigenes Fahrzeug leisten können.
Ein hoher Zeitaufwand für alltägliche Wege wirkt sich nachweislich negativ auf die Lebensqualität aus und belastet insbesondere Gesundheit und Wohlbefinden.
12/06/25, MP