Digital Watchdogs? Wie Journalisten Daten zu Nachrichten machen
Welche Informationen verraten Telefonverbindungsdaten über unsere Lebensgewohnheiten? Wie ist die Lage des wissenschaftlichen Nachwuchses an Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen? Und was war vielleicht faul an der letzten Volkszählung? Datenjournalisten hinterfragen Aussagen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft ebenso wie die amtliche Statistik. Auf der Suche nach relevanten Informationen durchstöbern sie Daten, von denen viele über das Internet frei verfügbar sind – oder sie generieren diese Daten sogar selbst. Damit knüpfen sie an die lange Tradition des "Precision Journalism" an: des Strebens nach Objektivität durch Nutzung sozialwissenschaftlicher Methoden bei der journalistischen Recherche. Big Data impliziert nun, diesen Fokus auf die Gebiete Statistik und Informatik zu erweitern. Aber ein solcher "evidenzbasierter Journalismus" ist ambivalent: Auf der einen Seite laufen Journalisten Gefahr, sich selbst zu "quick-and-dirty data scientists" zu degradieren. Auf der anderen Seite versprechen adäquate statistische Analysen großer Datenmengen exklusive Nachrichten oder sie stellen zumindest den Ausgangspunkt für "klassische" journalistische Recherchen dar. Wie sich die Idee des "Precision Journalism" durch die Kooperation von Journalisten und (Sozial-)Wissenschaftlern zum beiderseitigen Nutzen in der Praxis neu umsetzen lässt, wird in diesem Vortrag mit Bezug auf Gieryns Theorie der "boundary work" diskutiert.
Christoph Marty, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Journalistik, Technische Universität Dortmund
Kommentar: Björn Schwentker, Journalist, Hamburg: „Tausche Daten gegen Demokratie - Wie(so) relevanter Datenjournalismus die Wissenschaft braucht“
Kontakt: Martina Franzen, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der WZB-Forschungsgruppe Wissenschaftspolitik