Deliberation in Protestgruppen

Abstract

Deliberation – verstanden als einverständnisorientiertes Argumentieren auf gleicher Augenhöhe – stellt das zentrale Konzept vieler neuerer Demokratietheorien dar. Im Anschluss an diese normativ-theoretischen Debatten wurde bisher jedoch nicht vergleichend über soziale Bewegungen, Verbände und Parteien geforscht. Dies ist umso verwunderlicher, da wesentliche theoretische Arbeiten die Rolle solcher Politikakteure – nicht zuletzt im Rahmen der Idee von Zivilgesellschaft – betont haben. Die Dissertation möchte hier einen der bedeutendsten Ansätze, nämlich Habermas Konzept deliberativer Politik konsequent auf die Kommunikation in Kleingruppen anwenden, um einen beschränkten Beitrag zur Schließung dieser Forschungslücke zu leisten. Daher wird der Zusammenhang von Lebenswelt und Diskurs in drei Kleingruppen (Attac, Linkspartei, Gewerkschaft ver.di) rekonstruiert, die regelmäßig an politischen Protesten teilnehmen. Hierdurch wird sichtbar gemacht, wie sich latente politische Kultur auf die Ausgestaltung realer Diskurse auswirkt. Die ersten Ergebnisse bestätigen dabei die allgemeine Vermutung, dass „der zwanglose Zwang des besseren Arguments“ am ehesten in den offenen Zusammenhängen progressiver sozialer Bewegungen (Attac) kultiviert wird. Der Befund, dass gerade in den stärker geschlossen agierenden Kontexten von Gewerkschaft und Partei lebensweltliche Bedürfnislagen in politikfähige normative Argumentationen transformiert werden, stellt allerdings bisherige Annahmen über Zivilgesellschaft in Frage. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die Grundlagen für deliberative Politik durch eine komplexe Arbeitsteilung geschaffen werden. In dieser weist jede der drei Formen politischer Partizipation ihre Stärken und Schwächen auf.

Main content

Forschungsfrage

Welche lebensweltlichen Kontexte ermöglichen welche Formen deliberativer Kommunikation?

Forschungsmethode

Der methodische Forschungsstandpunkt beruht auf einem Verständnis teilnehmender Beobachtung, das in Soziologie und Ethnologie verbreitet ist und sich auf theoriegeleitete, verstehende Rekonstruktion konzentriert. Als Forschungsinstrumente kommen vor allem Inhaltsanalyse von Audiomitschnitten, Dokumentenanalyse sowie offene Interviews zum Einsatz.